Eritrea - Begegnungen, die dein Leben bereichern!

Veröffentlicht am 13. Dezember 2023 um 14:30

Frau Dietze-Habtu hat den folgenden Text auf dem Eritrea-Festival in Gießen am 08.07.2023 vorgetragen. Wir freuen uns, den Text von Frau Dietze-Habtu in ES veröffentlichen zu dürfen und möchten gleichzeitig weitere Personen dazu bewegen, uns von ihren Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten. 

Eva Maria Dietze-Habtu  

Salamat, kamey weelkum! 

Mit Rückblick auf die vergangene Woche freue ich mich ganz besonders, dass ich hier heute sitzen darf und euch unter dem Titel „Eritrea – Begegnungen, die dein Leben bereichern!“ von meinen Erfahrungen berichten darf. Ich danke der DEG für die Einladung und diese spannende Veranstaltung innerhalb des heutigen Festivaltages.

Kennt ihr das Gefühl, wenn man sich so richtig willkommen fühlt? Man kommt in eine neue Gruppe und die Menschen betrachten einen nicht mit Argwohn oder fragen sich "Was macht die denn hier?", nein sie nehmen dich auf und begegnen dir mit offenem Herzen. Sie interessieren sich für dich und wollen dich kennenlernen. Sie nehmen dich an die Hand und helfen dir, dich in der neuen Gruppe wohlzufühlen. Genau das habe ich erlebt: hier auf dem Festival, auf diversen Veranstaltungen in Köln, Frankfurt und Düsseldorf und auch in Eritrea. Dafür bin ich sehr dankbar und es ist eine besondere Ehre für mich, dass ich heute hier sitzen darf und euch von meinen Erfahrungen berichten kann.

Ich bin Eva Maria Dietze-Habtu. Ich bin Sozial- und Gesundheitswissenschaftlerin und lebe mit meinem Mann Girmay Kidane Habtu und unseren beiden Söhnen Senai und Hiyab in Essen.

Seit nunmehr zehn Jahren besuche ich dieses Festival, Feste zur Unabhängigkeit und zum Frauentag in Köln und Düsseldorf sowie zahlreiche Silvesterfeiern in Frankfurt. So viele wunderbare, warmherzige und respektvolle Begegnungen. Wisst ihr, was mich tief bewegt, ist die Tatsache, dass man wirklich daran interessiert ist, dass ich mich auskenne und ich Anschluss finde.

Ich war zweimal in Eritrea. Und soll ich euch was sagen, ich habe mich noch nie so wohlgefühlt! So hilfsbereite, aufmerksame und herzliche Begegnungen prägten diese beiden Reisen. Ich habe eine Hilfsbereitschaft erlebt, die ich in Deutschland häufig vermisse. Die Menschen in Eritrea waren aufmerksam und schauen nicht weg. Sie sind interessiert und öffnen ihr Herz. Mit Stolz zeigen sie ihr Land und ihre Kultur und zeigen darüber hinaus auch Interesse an deiner Kultur. Man kann eine Menge lernen und viel mitnehmen.

Ich habe bei meinen Reisen nach Eritrea bei der Familie meines Mannes in Adi Abeto bzw. bei unserem zweiten Besuch in der neuen Siedlung Bet Meka’e gewohnt. Ich wollte in keinem Hotel, sondern nah an den Menschen, bei der Familie sein. Eine sehr gute Entscheidung, denn man ist mittendrin, begegnet den Nachbarn, den Kindern und der Kutsche vor der Tür. Alle sind interessiert an dir und möchten dir deinen Aufenthalt so angenehm wie möglich machen. Ein paar Tigrigna Worte werden enorm wertgeschätzt.

Bei meiner ersten Reise hatten wir das große Glück, die Feierlichkeiten zur 25-jährigen Unabhängigkeit vor Ort miterleben zu dürfen. Verschiedene Minister und ausländische Diplomaten bewegten sich völlig frei innerhalb der Feiernden. Gegen Mitternacht traf ich die Frau des deutschen Botschafters alleine in der Menge. Hierzulande wäre das ohne aufwändigen Personenschutz undenkbar.

Bei unserer zweiten Reise haben wir viele Deutsche mit eritreischen Wurzeln, die in Deutschland geboren und/oder aufgewachsen sind, in Asmara getroffen. Sie haben sich entschieden, dort zu leben, um sich im Wiederaufbau zu engagieren und einer Arbeit nachzugehen.

Wenn ihr mögt, schließt mal die Augen und kommt mit an einen meiner Lieblingsplätze: Es riecht nach Tee und frischen Keksen, ich höre ein paar Autos und spüre einen leichten Wind, der mir um die Nase weht. Wenn ich mich umschaue, sehe ich Palmen, orangene und lila farbene Pflanzen und schaue zwischen den Säulen des Cinema Asmara den imposanten Treppenaufgang hinab. Ihr könnt es euch sicher alle vorstellen!

Und das ist nur einer von vielen schönen Plätzen in Asmara. Mein Mann und ich lieben es zu Fuß durch die Straßen zu laufen und Neues zu entdecken. Diese Art der Erkundungstouren beschert einem garantiert viele wertvolle Begegnungen und führt einen vorbei an prachtvollen Bougainvillea - diese tollen orangenen, pink und lila farbenen Pflanzen, die sich über die Mauern der hauseigenen Höfe auftürmen.

Wenn ich so erzähle, merke ich, wie mich das Fernweh packt und ich denke an den Shuq, mit den tollen Gerüchen nach Gewürzen, Lemin und Orangen. Die grünen Orangen sind die Besten, die ich je gegessen habe!

Wie wunderbar das Zusammentreffen der Religionen: Enda Mariam, die katholische Kathedrale und die Moschee. Alles in unmittelbarer Nähe - nicht nur sichtbar, sondern auch akustisch.

Der Weg raus aus Asmara, ein wirkliches Highlight, denn du merkst nicht, wie hoch oben du bist, bis du aus Asmara rauskommst und diese tolle Bergwelt vor dir hast. Einer der eindrucksvollsten Momente in meinem Leben!

Man sieht Kamele, Affen, riesige Salbeisträucher und hinter jeder Straßenbiegung hat man einen atemberaubenden Blick auf die Berge.

Reist man weiter durch die Berge, kommt man irgendwann nach Massaua. Türkises Meer, Green Island mit einer Vielzahl von Einsiedlerkrebsen und frischer Fisch erwarten einen. Natürlich auch unbändige Hitze.

Aber warum erzähle ich euch das alles? Weil es eine unglaubliche Bereicherung ist, die Kultur Eritreas zu kennen und zu leben. Ich liebe es zu sehen, wie meine Kinder Tigrigna lernen, Feiern und Feste besuchen und Eritrea wie selbstverständlich zu ihrem Leben gehört. Sie sind stolz darauf. Und genau so sollte es sein, denn es macht sie stark und festigt ihre Identität.

Ich kann euch nur ermutigen, Feste und Feiern zu besuchen und vor allem nach Eritrea zu reisen. Nehmt euren Partner, eure Partnerin und eure Kinder mit! Lasst sie teilhaben und diese wunderbaren Erfahrungen machen, die auch ich machen durfte. Gerade wenn ihr einen Partner oder eine Partnerin habt, die nicht aus Eritrea stammt, habt keine Scheu, eure Kultur zu zeigen. Sie ist Teil von euch und eine Bereicherung für jeden, der offen dafür ist.

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit und freue mich auf eure Fragen und den gemeinsamen Austausch!

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Yodit
Vor 2 Jahr

Vielen herzlichen Dank. Es ist schön zu lesen, wie eine liebe „Fremde“ über Eritrea schreibt und das Land wertschätzt, wie auch wir Eritreer, die in Deutschland, für uns „fremdes“ Land, leben und die Menschen und das Land wertschätzen, das uns aufgenommen hat.