Wir veröffentlichen hiermit den zweiten Teil des Gesprächs mit Brukh und möchten uns bei Brukh für die offene und anregende Unterhaltung bedanken.
ES: Welche Ziele verfolgten die gewalttätigen Demonstranten mit ihren Handlungen?
Brukh: Sie gehören einer Gruppe an, die sich »Birged NiHamedu« (Brigade des Todes) nennt und die Ausschreitungen bei den Eritrea-Veranstaltungen begangen haben soll. Sie ist im Internet sehr aktiv, und von ihr ist bis jetzt noch kein Manifest erschienen, das ihre Absichten und Ziele erläutert. Man sieht es nicht als eigenständige und mündige Gruppe, sondern als Gruppe von Randalierern, die von bestimmten Anführern geleitet werden. Es ist daher sehr berechtigt, die Frage zu stellen, ob diese »Birged NiHamedu« nur als Handlager anderer Akteure fungiert. Die Anhänger dieser Gruppe haben sich nach bisherigen Erfahrungen und Beobachtungen nur wie Hooligans verhalten, die auf Anweisung anderer gelenkt und für Angriffe eingesetzt wurden. Dies ist der fremdartige Eindruck, den wir aus dem Ganzen ziehen.
ES: Welche Ziele verfolgt die »Birged NiHamedu«?
Brukh: Wie bereits erwähnt, hat die Gruppe »Birged NiHamedu« kein Manifest, mit dem wir uns über die Gruppe im politischen Sinne besser informieren können. Ich habe einige Mitglieder von »Birged NiHamedu« im Internet entdeckt und angehört. Ich konnte nur feststellen, dass ihnen sowohl Bildung als auch politisches Bewusstsein fehlen. Sie wirken, offen gesagt, wie kopflose Leute, die instrumentalisiert und zur rechten Zeit wie scharfgemachte Hunde auf den »Gegner« losgelassen werden. Ich denke, diese Gruppe versucht dennoch, sich als militante Gruppe zu etablieren und pflegt engen Kontakt mit den eritreischen Oppositionsgruppen wie »Bright Future« und »Yakil«. Die beiden sollen sich mit der TPLF aus Tigray in Nordäthiopien zusammenarbeiten, dem Erzfeind der eritreischen Regierung und des Staates Eritrea. Durch die Betrachtung der »Birged NiHamedu« in diesem Zusammenhang können wir ein besseres Verständnis über diese Gruppe, ihre gewalttätigen Aktionen und ihre Motive erlangen.
ES: Weshalb wollten sie die eritreischen Besucher von Veranstaltungen angreifen?
Brukh: Ich denke, dass sie mit ihren Überfällen bei Eritrea-Veranstaltungen in Gießen und Stuttgart sowie in weiteren westlichen Städten wie Stockholm, Toronto und Seattle Angst und Schrecken verbreiten wollten. Insbesondere ihre Gewalttaten gegen einfache, friedliche Menschen eritreischer Herkunft haben ihre volksferne und antidemokratische Haltung deutlich gemacht.
ES: Was meinst du mit »volksfern« und »antidemokratisch«?
Brukh: Bei politischen Anliegen sollten sie legale Mittel verwenden, um ihrem Anliegen nach politischen Zielen Ausdruck zu verleihen, falls sie überhaupt welche haben. Gewalt gegen Zivilisten wie Festbesucher ist ein unangebrachtes Mittel der Politik, da es hier und zu uns nicht gehört. Wenn sie es nicht schaffen, mit ihren Ideen Menschen eritreischer Herkunft zu erreichen und davon zu überzeugen, dann liegt es wohl bei ihnen und nicht bei den normalen Menschen, die sie nun angreifen. Es scheint bei Ihnen das Extreme zu herrschen: Wer dir nicht nachkommt, wird verfolgt und bedroht. Dies ist keine Politik, sondern ein undemokratisches Verhalten und ein Wahnsinn.
ES: Wie sind die Reaktionen der Veranstaltungsbesucher nach den Ausschreitungen?
Brukh: Stellt euch vor, eine Gruppe von Randalierern, die gegen Biertrinken und Tanzen sind, kommt im Rahmen einer erlaubten Demonstration auf die Idee, das Oktoberfest in München zu stürmen. Sie attackiert die friedlichen Besucher des Volksfestes und die herbeigerufenen Polizisten. Später werden die friedlichen Besucher des Münchner Volksfestes jedoch genauso behandelt wie die gewalttätigen Demonstranten. Wie würden die Besucher des Oktoberfestes diese Situation empfinden? Ein Skandal würde es sein. Ich gehe davon aus, dass die Besucher der Eritrea-Veranstaltungen in gleicher Weise fühlen. Man hört auch hier und dort Stimmen, die nach einem Verbot von Eritrea-Veranstaltungen und -festivals rufen. Diese Entscheidung wäre ungerecht und inakzeptabel, und würde auch einen Sieg von gewalttätigen Hooligans über das Recht friedlicher Veranstaltungen bedeuten.
ES: Was hältst du von den Medien, die über dieses Thema berichtet haben?
Brukh: In einigen Medienberichten wurde der Treff des Dachverbands der eritreischen Vereine in Stuttgart als Festival bezeichnet, bei dem die Ausschreitungen stattfanden. Dies war jedoch falsch. Es wurde ebenfalls von einer anderen Reporterin berichtet, dass Unabhängigkeitsfeste dem eritreischen Staat Devisen verschaffen. Erstens war es keine Feier zur Unabhängigkeit. Zweitens ist die Behauptung von Devisen nach Eritrea unzutreffend. Ich denke, die eritreischen Vereine wären dankbar, wenn sie ihre Ausgaben durch Einnahmen aus den Festen decken könnten. Es wird eine Vielzahl von Behauptungen aufgestellt, die teilweise den tatsächlichen Gegebenheiten widersprechen. Dies führt zu einer unzureichenden Information über die Ausschreitungen und zu einem falschen Bild der Geschehnisse in diesem Land, was zu einem schlechten Bild auf uns führt. Es ist von Bedeutung, dass wir das ernst nehmen und entsprechend handeln.
ES: Was sollen die Menschen mit eritreischem Hintergrund in Deutschland tun?
Brukh: Durch ihre Ausschreitungen und die negativen Schlagzeilen in den Medien haben sie uns als Mitbürger dieses Landes leider geschadet. In Deutschland sind sich die Menschen der komplexen Situation natürlich nicht bewusst und kennen nur die einfachen brutalen Bilder aus den Medien. Die Tatsache ist, dass wir und unsere Kinder nun mit diesen Folgen konfrontiert werden und jetzt damit fertig werden müssen. In Deutschland werden Eritreer und Eritreerinnen mit Verwunderung darauf angesprochen, wenn auch nicht angefeindet. Wir müssen den Menschen und der Öffentlichkeit klarmachen, dass die Gewalttaten der Gruppe uns als Exil-Gemeinschaft und unserer Kultur unwürdig sind. Unsere Aufgabe ist es, klare Worte zu finden, diese uns unwürdige Gruppe abzulehnen und uns ausdrücklich davon zu distanzieren. Wir sind nicht für solche Aktionen verantwortlich, die in unserem Namen stattfinden.
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